a münchner madl und’ wiesn. a bissl a grant muas a sei.

15:47 chaos-kind 0 Comments

Prolog
Dieser Post muss leider sein. Eigentlich wollte ich den Post schon auf Bayrisch schreiben, damit meinen Grant nicht alle Leute mitbekommen, aber dann würds wahrscheinlich auch keiner mehr verstehen, wieso ich mich überhaupt aufrege. Alle die sich hiermit angegriffen fühlen: es ist natürlich jedem das seine. 
Das hier ist meine Meinung.



2013 auf der Wiesn. Dem Oktoberfest für die "Preißn" unter uns. 118 Ochsen wurden gegessen, 500.000 Hühnchen gefuttert und 6.700.000 Liter Bier wurden versoffen. Insgesamt waren 6.400.000 Besucher da. 
Sechsmillionenvierhunderttausend. München hat 1.475.569 Einwohner. Das ist 4,3 Mal München. 
19 Prozent sind Ausländer (vorwiegend Australier und Italiener angeblich), 9 Prozent aus Deutschland. Mehr als 70 Prozent sind aus Bayern. Mehr als 70 Prozent. Und das meine Lieben – das ist der Punkt an dem mich die karierten Hemden an den Rand des Wahnsinns treiben.

Denn ganz offensichtlich hat ein sehr großer Teil dieser Sechsmillionenvierhunderttausend nicht annähernd auch nur irgendeine Ahnung von Bayerischer Tracht. 
Aber das ist egal, die Gaudi ist ja das man sich als Bayer verkleidet ins nächste Zelt setzt, sich da "eine Maaaaß" bestellt (ja es ist absurd, aber in Bayern sagt man Mass auch wenn es Maß geschrieben wird) und sich über die Blasmusik beschwert, die eigentlich so viel Tradition in sich trägt und lieber abends ab 18.00 Uhr zu Anton aus Tirol (oder diverser sonstiger Lieder, die soviel mit der Wiesn zu tun haben wie ein Ochse mit nem Taucher) auf die Bierbank steigt. 
Und passend dazu: das Dirndl und die Lederhosen. An und für sich eine nette Sache und grad für die Herren der Schöpfung schön anzuschauen. Traurig ist aber das keiner mehr weiß wie man die Tracht eigentlich richtig trägt.

Denn sowohl Mini-Dirndl (die wirklich nicht sexy sind) als auch Karo-Hemden sind weder traditionell noch bayerisch. Und während der Trend den Karo-Hemden folgt (nein, auf unserer Flagge sind Rauten, kleiner aber feiner Unterschied), vergessen die meisten dass man zur Lederhosn eigentlich ein elfenbeinfarbenes oder weißes Hemd trägt. Sonntags übrigens Rosa. 
Das rührt daher, dass die Lederhose eigentlich die Arbeiterkleidung der Bauern war, da sich die hellen Leinenhemden am besten einweichen und waschen ließen. Am Sonntag wurde – um etwas, sagen wir mal, feiner zu sein – ein Rosa Leinenhemd getragen. 
Das Dirndl übrigens war 1870 noch lange nicht so tief ausgeschnitten wie jetzt – und auch lange nicht so verschnörkelt, verziert und vorallem so kurz wie heute. Weil – wer hätts gedacht – das Dirndl war das Arbeiter-Gewand von der Magd (der Dirne, früher wurde dieses Wort übrigens nicht in Verbindung mit Prostitution gebraucht, sondern war schlicht die Bezeichnung für ein Mädchen/ junge Frau, daher auch "Dirndl"). Eigentlich ist da Dirndl auch so lang, dass es bis zur Mitte der Waden fällt. Nix da, mit kurz und knapp.

Es ist natürlich jedem selbst überlassen wie sehr sich auf der Wiesn zum Clown machen will. Das klingt sehr böse ich weiß, aber es gibt genug, die dem Oktoberfest inzwischen einen solchen Fasching-Charakter verleihen das einem als gstandner Münchner schlecht wird. Tatsache ist und bleibt jedoch – egal wie sich die Tracht weiterentwickelt/verändert hat – dass man sich, zumindest wenn man behauptet man würde die Tracht aus Tradition tragen, sich nicht zu Mini-Dirndl und Karohemden hinreißen lassen sollte. (Ganz abgesehen davon, dass man Tracht nicht nur zu Wiesn trägt und weiße Hemden zur Lederhosen viel schöner sind als Karos…)

Ich schließe mich hier übrigens nicht aus, ich hab selbst zwei Dirndl die nicht "ursprungs-traditionell" sind. Tiefes Dekolleté, farbig, bestickt und ein bisschen über Knielang – aber ich glaube das die Dirndl die ich trage weitaus mehr mit der bayerischen Tradition zu tun haben als die Glitzer-Flitzer-Dinger die jetzt im Trend auch noch ohne Bluse getragen werden (irgendwo hört der Spaß auf…). 
Ich trink selbst mindestens zwei Maß, gröle Anton aus Tirol mit falls ich nach 18.00 Uhr im Zelt bin und erfreue mich der Tracht auf der Wiesn. 
Aber ganz ehrlich, es ist einfach schade das so viele sich zum Affen machen und sich dessen nicht mal bewusst sind. Die Oktoberfest-Besucher von 1870 würden im Grab rotieren, wüssten sie was aus dem Volksfest geworden ist.
Wie viele wissen eigentlich noch, wieso es das Oktoberfest überhaupt gibt?

Sechsmillionenvierhunderttausend Menschen auf der Theresienwiese. In Tracht. Und nachdem auf der Kotzwiese gepullert, gekotzt und sich einigermaßen besonnen wurde, geht's nochmal zurück ins Zelt und erst, wenn auch der letzte unter der Bierbank wieder hervorkriecht und sich Nachts die Gassen leeren, sind die Lederhosen grad noch so viel wert, dass man sich vollgerotzt in die U-Bahn schleppt und nach Hause fährt.



Epilog
Na klar macht das nicht jeder, man findet im Internet kaum Infos darüber wie man Tracht richtig trägt ohne sich als nichtwissender zu outen. Aber wenn man als nicht-traditioneller Mensch schon Tracht kaufen muss, dann bitte lasst euch im Trachtenladen eures Vertrauens richtig beraten. Die richtig guten Verkäufer wissen nämlich auch was wirklich Tradition ist und was nicht.
Die Infos zur Tracht hab ich übrigens von meinen Großeltern aus Niederbayern, falls es hier etwas zu korrigieren gibt, bitte her damit!!!





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